Alte und neue Gespenstergeschichten vom Langwitt in Hehlingen (Stadt Wolfsburg)
letzte Änderung am 02.05.2025
Die Sage vom Gespenst Langwitt
1981(1): Eine Überlieferung der Sage vom Hehlinger Gespenst Langwitt (Abb. 1) bot der Hauptlehrer Wilhelm Frohne (Lehrtätigkeit in der Schule von Hehlingen: 1961-1979) in seiner Schrift von 1981. Das vollständige Zitat lautet:
"- Die Sage vom Hehlinger 'Langwitt' -
Der Reichtum der Hehlinger bestand in früheren Zeiten ebenso wie in anderen Gegenden in selbstgesponnen [und gewebten] Leinen [Leintuch, ein Gewebe aus Flachsfasern]. Da den Einwohnern dieser Reichtum in ihren noch mit Stroh gedeckten Häusern vor Feuergefahr nicht genügend geschützt schien, so hatte jeder auf dem Kirchboden unter dem damals schon massiv gedeckten Dach eine Leinentruhe [eine Truhe mit Leintuch gefüllt].
Einmal wollte sehr spät abends ein Hehlinger auf dem Wege nach Hause den Weg abkürzen und lief geradewegs über den alten Friedhof an der Kirche. Da sah er plötzlich vor den Eingangsstufen des alten Friedhofes ein weißes Gespenst an der Erde hocken, das sich aufrichtete und, langsam zurückweichend, ihn mit erhobenen Händen und hohler Stimme beschwor, schnell umzukehren und auf dem rechten Wege nach Hause zu gehen. Der Mann erschrak so sehr, daß er gehorchte. Als am nächsten Morgen beherzte Männer dem Spuk nachzugehen suchten, war dieser nicht zu finden. Zu finden war aber auch nicht mehr der Leinenreichtum [Reichtum an Leintuch] auf dem Kirchboden. Nur die aufgebrochenen und leeren Truhen standen noch da."(1)
Nüchtern betrachtet, könnte das Gespenst ein verkleideter Dieb gewesen sein, der vom Diebstahl des Leintuches ablenken wollte.
Fantasievoll betrachtet, hauste oder haust auf dem Kirchboden ein Gespenst, dass die Truhen der Hehlinger bewacht hatte. Durch eine Ablenkung wurde der Diebstahl des Leintuches erst möglich.
Anm.: 1 Frohne, Wilhelm, 1981. Hehlingen: Geschichte eines Dorfes. Wolfsburg: Stadt Wolfsburg, Texte zur Geschichte Wolfsburgs, Band 5, S. 100.
Neue Geschichten vom Gespenst Langwitt
2025: Das Gespenst Langwitt haust seit ewigen Zeiten auf dem Kirchboden unter dem Ziegeldach der Hehlinger Kirche, sagt man. Früher hat es über die Schätze der Hehlinger gewacht, die wegen der Feuergefahr ihrer Strohdächer dort Leintücher in Truhen lagerten. Die Zeiten haben sich geändert. Die Hehlinger wohnen jetzt in Häusern mit Ziegeldächern, die Freiwillige Feuerwehr ist stehts zur Stelle und ihre „Schätze“ lagern in der Volkswagen Bank. Für das Gespenst Langwitt gab es nichts mehr zu bewachen. Es langweilte sich sehr und spielte mit einer kleinen Kirchenmaus. Es dreht sich, es rasselte mit den Schlüsseln und plötzlich standen alle Truhen mit den Leintüchern der Hehlinger wieder auf dem Kirchboden.
Was war geschehen? Hatte es die alten Truhen hergezaubert oder war es in die Vergangenheit gereist? Es besah sich den Kirchenraum und stellte fest, dass die Kirchenorgel noch nicht an ihrem heutigen Platz stand und man nur auf einem alten Harmonium Kirchenmusik machen konnte. Daraus folgerte es, dass es eine Zeitreise gemacht hatte. Beim einmal Drehen und beim langen Rasseln kam man an den gewünschten Ort und in die gewünschte Zeit. Beim einmal Drehen und beim dreimal kurzen Rasseln reise man zurück! Sogleich wünschte sich das Gespenst Langwitt zum kalten Nordpol, da es auf dem Kirchboden gerade unerträglich heiß war. Doch welche Überraschung, es stand plötzlich in der noch heißeren Wüste. Seine Wünsche wurden nur ungenau erfüllt. Auch stellte es fest, dass die Kirchenmaus mitgereist war.
Von alledem erfuhren die Hehlinger vorerst nichts, da das Gespenst Langwitt für Menschen nur um Mitternacht kurz sichtbar war. Da passierte es einmal, dass die Kirchenuhr kurz vor Mitternacht stehen blieb. Ein Hehlinger stieg auf den Kirchboden und suchte nach der Ursache. Er fand eine Taubenfeder, die sich im Zahnräderwerk der Uhr verklemmt hatte. Diese entfernte er und hörte gerade noch den Glockenschlag um Mitternacht. Da plötzlich erschien das Gespenst Langwitt und spielte mit der Kirchenmaus Verstecken. Kurze Zeit später war der Spuk vorbei und es kehrte wieder Ruhe auf dem Kirchboden ein. Dieses Erlebnis verbreitet der Hehlinger im Gasthaus und alle erfuhren davon, aber man glaubten ihm nicht. Dies ist nun Jahrzehnte her.
Ist es wirklich möglich, dass man mit dem Gespenst Landwitt Zeitreisen unternehmen kann?
von Thomas Hertel/ 2025
Zeitreisen mit dem Gespenst Langwitt zu Wildpferdjägern und Rolanddieben -
Ein Hehlinger Theaterspektakel
2025: Das Hehlinger Theaterspektakel am 10. August 2025 vor der Kirche in Hehlingen (Stadt Wolfsburg) ist ein Theaterstück in drei Akten von Kindern für Kinder und Erwachsene. Es basiert auf den beiden Hehlinger Sagen vom Roland und vom Gespenst Langwitt sowie einer Idee von Thomas Hertel.
1. Akt: Es wird gerade der 100. Geburtstag einer Einwohnerin aus Hehlingen gefeiert. Zu den Gästen gehören auch Grete und Hans, die beiden Urenkel der Hundertjährigen. Grete, ein neugieriges und mutiges Mädchen, fragt ihre Uroma nach weiteren Geschichten vom Hehlinger Gespenst Langwitt. Die Hundertjährige erzählt u. a., dass der Langwitt um Mitternacht kurz auf dem Kirchboden oder auch vor der Hehlinger Kirche erscheint und dann wieder verschwindet. Er soll ein Zaubergewand tragen, mit dem er in die Zeitgeschichte reisen kann. Aufgeregt verlassen Grete und Hans die Geburtstagsfeier.
2. Akt: In der folgenden Nacht schleichen sich Grete und Hans zur Hehlinger Kirche und warten auf den Glockenschlag um Mitternacht. Plötzlich erscheint das Gespenst Langwitt in einem langen weißen Gewand und leuchtenden Augen. Eine kleine Kirchenmaus springt davon. Beide Kinder sind erschrocken und ängstlich. Grete fragt das Gespenst, ob es Langwitt heißt und ob man mit ihm in die Zeitgeschichte reisen kann. Er bejaht durch Kopfnicken. Grete wünscht sich in die Zeit des Raubes des Roland-Standbildes zurück. Hans zögert. Grete verschwindet mit dem Gespenst Langwitt. Leider ist die Zeitversetzung ungenau. Grete und das Gespenst Langwitt finden sich zu Jägern vor über 10.000en von Jahren zurückversetzt. Dort erleben sie eine aufregende Wildpferdjagd. Als sie bedrängt werden, reisen sie zurück in die Gegenwart.
3. Akt: In einer weiteren Nacht versuchen Grete und Hans erneut mit dem Gespenst Langwitt in die Zeit des Raubes des Roland-Standbildes vor mehreren 100en von Jahren zu reisen. Dort angekommen, sehen sie nur noch den Abtransport von hinten, den leeren Sockel des Standbildes und die leere Urkundentruhe der Hehlinger. Ein Vogt, ein Bediensteter der Herren auf der Wolfsburg, treibt gerade die Hehlinger Bauern mit einer Peitsche zur kostenlosen Arbeit, zum Frondienst, auf die Felder und Güter der Herren. Dies müssen sich Grete und Hans hilflos mit ansehen. Sie wünschen sich in die Gegenwart zurück.
Für das Folgejahr planen sie wieder eine Zeitreise, um den Raub der Urkunden und des Roland-Standbildes zu verhindern.
von Thomas Hertel/ 2025