Hehlinger Rolandsage

Hehlinger Rolandsage


Die Sage vom

Hehlinger Roland


1820(1): Die bisher älteste Überlieferung der Sage vom Hehlinger Roland stammt aus der Feder von Peter Wilhelm Behrends (1773-1854) und wurde 1820 im Neuhaldensleber Wochenblatt veröffentlicht. Sie lautet:

"Frägt man nun in Hehlingen [...] nach, so erzählen die dortigen Bauern nicht nur mit Unwillen noch die nämliche Geschichte, daß die [Neu-]Haldensleber Bürger ihnen vor Alters den Roland und damit viele Rechte bei Nachtzeit geraubt hätten; sondern sie weisen sogar noch genau die Stelle nach, wo er gestanden, nämlich unweit der dortigen Kirche, an dem lebhaftesten Theile der Straße."(2)

Peter Wilhelm Behrends, geboren in Neuhaldensleben, war zwischen 1800 und 1807 Pfarrer in Volkmarsdorf und Nordsteimke bei Hehlingen. Sein Amtssitz war in Volkmarsdorf. Um seinen Amtspflichten in Nordsteimke nachzukommen, kam er stets durch Hehlingen und hörte von älteren Einwohnern die Geschichte vom Hehlinger Roland.

Der Kern der Sage ist die Klage über den Verlust von "vielen Rechten" der Hehlinger Bauern. Dieser Verlust an Rechten stand lt. Sage im zeitlichen Zusammenhang mit dem nächtlichen Raub einer "Bildsäule"(3) in Hehlingen durch Neuhaldensleber Bürger.   twh

Anm.:   1 Die Datierung der Sage orientiert sich am Veröffentlichungsdatum. Die Sage dürfte P. W. Behrends im Amtseinführungsjahr 1800 bekannt geworden sein.   2 Behrends, Peter Wilhelm, 1820. Etwas über den Roland. In: Neuhaldensleber Wochenblatt Nr. 3 vom 15. Januar 1820. Neuhaldensleben: Eyraud. Standort: Museum Haldensleben.   3 Behrends 1820.   4 Biegel, Gerd, 2012. 1112-2012 - 900 Jahre Hehlingen. Braunschweig, S. 179 [LASA]

Abb. 1: Ortssiegel von Hehlingen, als Stempel 1815 verwendet, Umschrift: "Hehlingen".(4)


Die Sage vom

Hehlinger Roland

aus Hehlinger Sicht

(Version 1 von 1934)


1934(5): Die bisher älteste Überlieferung der Sage vom Hehlinger Roland aus Hehlinger Sicht stammt von Pastor K. Bode (Amtszeit in Hehlingen: 1931-1936) und wurde um 1934 in einer Broschüre veröffentlicht. Sie lautet:

"Jedenfalls sind die Hehlinger fest davon überzeugt, daß der Neuhaldenslebener Roland einmal in ihrem Dorfe beheimatet gewesen ist, und um solche Ueberzeugung den nötigen Nachdruck zu verleihen, haben sie seit altersher ein getreues Bild dieses Rolandes in ihrem Gemeindesiegel. Wie ist denn nun aber der Roland von Hehlingen nach Neuhaldensleben gekommen? Der taktvolle Chronist spricht das nicht aus, was eine lebendige Fama [Gerücht] von Geschlecht zu Geschlecht in Hehlingen weitererzählen läßt, aber nur heimlich, wenn es kein anderer hört: Daß nämlich der Roland unter Mißachtung seines geschichtlichen Wertes als einfaches Handelsobjekt an die Neuhaldenslebener verfeilscht worden sein soll vor Jahrhunderten. Man sollte das eigentlich nicht für möglich halten, aber was redet nicht alles die böse Fama!"(5)

Der Kern dieser Sagenversion ist nicht mehr der Verlust von Rechten der Hehlinger Bauern. Hier geht es um die Herkunft des Neuhaldensleber Rolands aus Hehlingen. twh

Anm.:   5 Die Datierung der Sage orientiert sich am Veröffentlichungsjahr. Die Sage dürfte K. Bode im Jahr seiner Amtseinführung 1931 bekannt geworden sein.   6 Bode, K., [um 1934]. Das tausendjährige Hehlingen im Wolfsburger Ländchen und Der Hehlinger Roland. Gifhorn, S.30. Standort: Stabi Braunschweig, Brosch. I.17.768.

Abb. 2: Abbildung des Neuhaldensleber Rolands auf dem Einband der Broschüre von K. Bode um 1934.(6)


Die Sage vom

Hehlinger Roland

aus Hehlinger Sicht

(Version 2 von 1981)


1981(7): Eine weitere umfangreichere Überlieferung der Sage vom Hehlinger Roland aus Hehlinger Sicht bot der Hauptlehrer Wilhelm Frohne (Lehrtätigkeit in der Schule von Hehlingen: 1961-1979) in seiner Schrift von 1981. Sie lautet:

"Hehlingen hat früher einen Roland besessen. Dieser Roland war ein hölzernes Reiterstandbild. Sein erhobenes Schwert war das Wahrzeichen der Marktgerechtigkeit. An Markttagen wurde der Roland an der alten Heerstraße Oebisfelde-Braunschweig auf der Anhöhe vor dem Kirchhof aufgestellt, sonst aber in einem Gebäude aufbewahrt, wo heute noch das Spritzenhaus steht. Eine Lade des Sockels bewahrte die alten Urkunden über die Rechte der Hehlinger auf. Es waren Schriftstücke über Markt- und Gerichtsgerechtsame und über ein ausgedehntes Weiderecht, das sich bis vor Marienthal bei Helmstedt erstreckte. Den Rittern von Bartensleben, die ihre Macht in Hehlingen ausbreiten wollten, war der Roland im Wege. Es gelang ihnen, immer mehr Einfluß zu gewinnen, so daß sich zwei Parteien bildeten: Die eine hielt treu zum Roland, die andere war für die Bartenslebener. Die Bartenslebener-Partei verfeilschte schließlich unter Führung des Dorfoberhauptes den Roland heimlich an die Neuhaldenslebener. In einer dunklen Sommernacht kamen sie mit Wagen und einer Anzahl Reitknechte. Die Räder der Wagen und die Hufe der Pferde waren mit Stroh und Lumpen umwickelt. Als die Hehlinger am anderen Morgen erwachten, war ihr Roland und mit ihm alle ihre Urkunden über ihre Rechte verschwunden. Bald mußten nun die bisher freien Bauern den Wolfsburgern Frondienste leisten. Im Wappen des Ortsteils aber haben die Hehlinger noch heute den Roland."(8)

Diese Version der blumig ausgestalteten Sage aus dem Schulunterricht prägt die Hehlinger noch heute. Aber was ist der wahre Kern? twh

Anm.:   7 Die Datierung der Sage orientiert sich am Jahr der Veröffentlichung.   8 Frohne, Wilhelm, 1981. Hehlingen: Geschichte eines Dorfes. Wolfsburg: Stadt Wolfsburg, Texte zur Geschichte Wolfsburgs, Band 5, S. 99.

Abb. 3: Abbildung des Neuhaldensleber Rolands auf dem Einband der Schrift von Wilhelm Frohne von 1981.(8)

Share by: